Im Galopp
Das nächste Stück durch den Wald, im Galopp. Dann Ruhe, die Pferde schnauben durch. Es ist eiskalt, die Landschaft liegt vor mir, wie gemalt. Der Moment lässt das Glücksgefühl ins Unendliche steigen. Die Sonne bricht an diesem Morgen mit einzelnen Strahlen durch die hohen Bäume, jetzt reiten wir ganz langsam und unterhalten uns in Ruhe. Nur eine Plane über dem Holz auf dem schmaler werdenden Weg lässt mein Pferd ganz kurz skeptisch werden. Dann zwei Jogger, die im großen Abstand um uns rum joggen. Stille, Ruhe. Der warme Pferdekörper unter mir, der gleichmäßige Rhythmus beim Reiten, das Getragen werden. Ich denke an gar nichts. Es ist kaum zu beschreiben, was beim Reiten alles passiert. Die volle Konzentration auf die Bewegungen und dann das eins werden von Mensch und Tier. Die Kunst, an nichts zu denken und doch an alles zu denken, um es für Mensch und Tier zu einem unvergessenen Morgen zu machen, der befreiend wirkt. Jegliche Form von Druck existiert einfach nicht.
Jeder Mensch kann reiten lernen. Leider gibt es auch hierbei wieder so viele Vorurteile. Das ist nur was für „Pferdemädchen“. Nur was für „Reiche und Schöne“, alles „viel zu teuer“. Pferde gehen ständig „durch“ und Reiter verletzen sich „dauernd“. Zeitaufwendig und „dann machst Du nichts anderes mehr“. Alles Unsinn, einfach nicht beachten. Das unfassbare Glücksgefühl beim Reiten wird alles andere schnell vergessen lassen. Jahrhundertelang waren Pferde fest in den Alltag der Menschen integriert. Insbesondere waren sie, im Laufe der Geschichte, aus dem militärischen Bereich gar nicht weg zu denken. Viele Kommandos und Bezeichnungen sind übrig geblieben aus dieser Zeit. Beim Training auf dem Reitplatz und in der Halle herrscht leider, zum Teil, auch heute noch ein sehr autoritärer Ton.
Ich kenne keinen Bereich, in dem ein Mensch mehr über sich und sein innerstes Selbst kennenlernt. Durch das Reiten findet der Mensch seine innere Balance, Ängste können überwunden werden und viele Zwänge. Klar, es ist alles immer auf den ersten Blick zeitaufwendig, aber dies ist eine ganz persönliche Zeit, nur für mich.
Es muss nicht gleich das eigene Pferd und die komplette Ausstattung sein. Es gibt wunderbare Möglichkeiten, im Urlaub mit dem Reiten zu beginnen und beim Wanderreiten sehr schöne Ausflüge zu machen. Bevor die teure Kleidung, mit weisser Hose und teuren Reitstiefeln, angeschafft wird, reichen eine einfache Reithose, eine wetterfeste Jacke und gute Stiefeletten. Und auch eine Reitbeteiligung wird sich schnell finden.
Diese großen Tiere, mit dem sanften Blick, haben ein sehr ausgeprägtes Feingefühl für den jeweiligen Moment. Pferde sind Fluchttiere und reagieren auf die kleinsten Veränderungen in ihrer Umgebung. Es ist so einzigartig und kaum zu beschreiben, wie sich dieses, sehr tief gehende, Vertrauen, zwischen Mensch und Pferd, während des Reitens aufbaut. Ich habe sehr dominante Führungskräfte erlebt, die beim Coaching in einem Meetingraum vor Lässigkeit strotzten und einen Spruch nach dem anderen brachten. Es kostete sie dann sehr viel Überwindung, sich einem Pferd zu nähern. Sie sprachen nach der Begegnung mit Pferden sehr offen mit mir über die Themen Vertrauen, Respekt und auch über ihre Ängste. Sie lernten sich selbst besser kennen und einen ganz neuen respektvollen Umgang mit Anderen, durch das, was sie durch die Begegnung mit den Pferden gelernt hatten. Jeder Moment in der Natur und mit dem Pferd ist kostbar und ist durch nichts zu ersetzen.